Offener Brief der Freien Wohlfahrtspflege NRW zur Gefährdung von Einrichtungen und Diensten
Inflationsbedingt explodierende Sachkosten und deutliche Tariferhöhungen gefährden viele soziale Träger in NRW in ihrer Existenz. In einem Offenen Brief hat sich die Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW an Ministerpräsident Hendrik Wüst gewandt und um Unterstützung gebeten. Die Landesregierung müsse dringend einen Stabilitätspakt auflegen und zusätzliche Mittel freigeben, um das Netz der Daseinsvorsorge in NRW zu sichern, so die Forderung der Wohlfahrtsverbände.
„Von den Kitas, der Pflege über den offenen Ganztag bis hin zu Frauenhäusern und Migrationsberatung: Den Einrichtungen und Diensten steht das Wasser bis zum Hals, die Lage ist mehr als kritisch“, so Christian Woltering, Vorsitzender der Freien Wohlfahrtspflege NRW. „Doch in den Verhandlungen spielen die verschiedenen Kostenträger mit Verweis auf die angespannte Haushaltslage immer noch auf Zeit und vertrösten uns auf die nächsten Jahre. Diese Zeit hat die soziale Infrastruktur in NRW nicht! Viele Angebote drohen aufgrund der fehlenden Refinanzierung wegzubrechen – doch gerade in Krisenzeiten brauchen die Menschen ein funktionierendes Netzwerk an Unterstützungsangeboten mehr denn je.“ Im Offenen Brief bitten die Wohlfahrtsverbände den Ministerpräsidenten, sich für die sozialen und gemeinnützigen Einrichtungen und Dienste und deren Mitarbeitende einzusetzen, um eine gesamtgesellschaftliche Krise abzuwenden.
Mit Blick auf den für alle sozialen Träger richtungsweisenden Tarifabschluss des öffentlichen Dienstes besteht in der Trägerlandschaft eine massive Verunsicherung, wie die daraus resultierenden Kostensteigerungen bewältigt werden sollen. Hinzu kommt das ab Juni zu zahlende Inflationsausgleichgeld. „Keine Frage, die Mitarbeitenden in der sozialen Arbeit haben eine bessere Bezahlung mehr als verdient. Aber woher sollen die sozialen Organisationen das Geld nehmen? Ohne gesicherte Refinanzierung geraten die Träger in finanzielle Schieflage – oder den Mitarbeitenden droht eine Nullrunde. Das wäre ein Schlag ins Gesicht der Mitarbeitenden und würde den Fachkräftemangel im Sozialbereich weiter verschärfen“, so Woltering.
Betroffen sind alle Bereiche der sozialen Arbeit. Sichtbar wird die Problematik etwa am Beispiel der Kindertageseinrichtungen: Eine Anpassung der Kindpauschalen im Hinblick auf den Tarifabschluss vom 22. April 2023 wird regulär frühestens zum 01. August 2024 erfolgen. „Und was sollen die Kitas bis dahin tun? Wir gehen davon aus, dass viele Träger das Finanzierungsdelta bis zum nächsten Sommer nicht überbrücken können. Es ist zu befürchten, dass Träger Angebote kürzen oder ganz einstellen müssen“, so Woltering. „Ähnlich wie bei den Kitas sieht es in weiten Feldern der sozialen Arbeit aus. Hier geht es um die Stabilität der sozialen Infrastruktur in ganz NRW. Wir brauchen dringend Unterstützung seitens des Landes!“
Hintergrundinfo: Die Freie Wohlfahrtspflege in NRW
In der Arbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege NRW haben sich die Arbeiterwohlfahrt, die Caritas, der Paritätische, das Deutsche Rote Kreuz, die Diakonischen Werke und die Jüdischen Gemeinden mit ihren 16 Spitzenverbänden zusammengeschlossen. Die Freie Wohlfahrtspflege NRW weist auf soziale Missstände hin, initiiert neue soziale Dienste und wirkt an der Sozialgesetzgebung mit. Mit ihren Einrichtungen und Diensten bietet sie eine flächendeckende Infrastruktur der Unterstützung für alle, vor allem aber für benachteiligte und hilfebedürftige Menschen an. Ziel der Arbeit der Freien Wohlfahrtspflege NRW ist die Weiterentwicklung der sozialen Arbeit in Nordrhein-Westfalen und die Sicherung bestehender Angebote.